Reha bei MS

In diesem Artikel möchte ich meine ganz persönlichen Erfahrungen mit einer ambulanten Reha in Augsburg mit euch teilen. In letzter Zeit haben mich vermehrt Anfragen dazu auf Instagram erreicht, weshalb ich das Thema hier einmal ganz ausführlich behandeln möchte. Vielleicht steht ihr ja gerade vor der Frage, ob ambulante Reha oder stationäre Reha - oder ihr möchtet wissen, was man auf einer Rehabilitation eigentlich genau macht. So oder so, hier seid ihr genau richtig!

Wieso eine Reha bei MS sinnvoll ist

Zuerst einmal möchte ich vorweg nehmen, dass mir die Reha sehr gut getan hat und ich froh war, dass man mich mehr oder weniger dazu gezwungen hat. Als ich die Diagnose Multiple Sklerose im Krankenhaus erhielt - das war im März 2020 - kam direkt jemand vom Sozialdienst in mein Zimmer und fragte mich, was für eine Reha ich denn wollte. Es stand außer Frage, ob ich eine Reha will, sondern es war nur noch nicht klar, ob ambulant oder stationär.

 

Ich, noch total überfordert mit allem, was durch die Diagnose auf mich zu kam (Arbeitsunfähigkeit, Papierkram, Reha, Recherche über die Krankheit) hatte dann einen Tag Zeit, mir darüber Gedanken zu machen. Meine Wahl fiel dann aber recht schnell auf eine ambulante Reha, weil ich wegen Corona die Lage nicht abschätzen konnte. Wir standen damals etwa eine Woche vor dem Total-Lockdown und da man einfach nicht wusste, wie sich die Lage weiter entwickeln würde, wollte ich nicht in irgendeine Einrichtung, wo man mich eventuell wochenlang "einsperrt" aufgrund von Corona-Vorschriften.

 

Es könnte gut sein, dass meine Wahl anders ausgefallen wäre, wenn gerade keine Pandemie die Welt lahm gelegt hätte. Denn der Vorteil einer stationären Reha ist natürlich, dass man dort noch viel besser mit anderen Betroffenen in Kontakt kommen kann.

Was macht man bei einer ambulanten Reha?

  • Physiotherapie
  • Medizinische Trainingstherapie
  • Psychotherapie
  • Ergotherapie
  • Massagen und Massageliegen
  • Kognitives Eigentraining
  • Sozialberatung
  • Ernährungsberatung
  • Vorträge zu verschiedenen Themen
  • Stressprävention

Physiotherapie und Medizinische Trainingstherapie

Bewegung ist bei der Rehabilitation ein zentraler, wenn nicht gar der wichtigste Bestandteil.

Deswegen stand jeden Tag 60 Minuten MTT auf meinem Plan: Medizinische Trainingstherapie. Klingt am Anfang ultra fancy, ist aber im Endeffekt nichts Anderes als ein Fitnessstudio - also Kardio- und Gerätetraining. Man bekommt hier von den Therapeuten einen individuell auf einen abgestimmten Plan, beispielsweise in meinem Fall für besseres Gleichgewicht und zur Kräftigung der Beine. Zum Aufwärmen für das MTT stehen Fahrräder, ein Laufband und Crosstrainer zur Verfügung, so wie man das aus dem klassischen Fitnessstudio auch kennt.

 

Bei der Physiotherapie wurde bei mir in Gruppen- und Einzeltraining unterteilt. Ich bekam ein paar Einzel-Übungen, die ich immer in Pausen, freiwillig, in einem speziellen Raum machen konnte, der allen Reha-Patienten rund um die Uhr zur Verfügung stand. Hier habe ich zum Beispiel eine Isomatte zusammengerollt und mich im Einbeinstand drauf gestellt - also auch wieder Übungen für das Gleichgewicht gemacht.

Bei den Gruppenübungen hingegen hatte man einen festen Slot im Zeitplan eingetragen, wo man mit anderen, die ähnliche Einschränkungen (oder manchmal viel schlimmere, andermal wesentlich schwächere) hatten. Hier wurde man dann von einem Trainer angeleitet. Meistens war das Zirkeltraining. Hier haben wir zum Beispiel Bälle in einen Basketball geworfen oder uns gegenseitig Bälle zugeworfen, die wir mit den Händen fangen oder mit Tennisschlägern zurückschießen mussten. 


Psychotherapie

Ich muss gestehen, dass ich euch über die Psychotherapie leider nichts sagen konnte. Als ich den Aufnahmebogen damals ausgefüllt habe, musste man einige Dinge ausdrücklich dazu schreiben, wenn man sich diese wünscht, so auch die Psychotherapie.

 

Und ich habe damals gedacht, ich kreuze das nicht an. Im Nachhinein dachte ich mir, vielleicht wäre es doch ganz sinnvoll gewesen.

 

Deshalb mein Appell an euch: Wenn ihr die Möglichkeit zur Psychotherapie habt, nutzt sie! Das schlimmste, was euch passieren kann, ist, dass ihr es unnütz findet, das beste, was passieren kann ist, dass sie euch wahnsinnig gut tut!


Ergotherapie

Ich muss gestehen, bei der Ergotherapie kommt man sich ein bisschen so vor, als wenn man Spiele spielt. Ist aber wie ich finde eine gelungene Abwechslung zum Reha-Alltag. 

Ich musste zum Beispiel das Spiel Rush Hour absolvieren (hier zieht man eine Karte, platziert dann Autos auf einem Spielfeld im vorgegebenen Muster und muss dann eines dieser Autos von einer Seite auf die andere Seite zur "Ausfahrt" bringen, in dem man die Autos nacheinander verschiebt). Ihr könnt das mal googlen, ist eigentlich ganz witzig und teilweise echt schwer, auch wenn man kognitiv fit ist!

Außerdem musste ich, wie hier auf dem Bild zu sehen, mit Bauklötzen Türme bauen, sodass die Schatten, die im Hintergrund zu sehen sind, korrekt dargestellt werden (Stichwort: Räumliches Sehen!). Fand ich persönlich sehr einfach, aber kann für den ein oder anderen sicher eine Herausforderung sein.

Ebenfalls ein Klassiker bei der Ergotherapie in der Gruppe: Mit allen "Ich packe meinen Koffer" spielen.


Kognitives Eigentraining

Auch beim kognitiven Eigentraining ist das Gedächtnis ganz schön gefordert!

 

Ich musste beispielsweise, wie auf dem Computerbildschirm zu sehen, ein Bild (rechts) mit mehreren Bildern auf der linken Seite vergleichen und so schnell wie möglich das einzig richtige Bild anklicken. Mit aufsteigendem Level waren die Unterschiede teilweise sehr marginal, z. B. fehlen hier links im Bild bei dem Männchen in der grünen Jacke die Schleifenenden bei manchen Bildern.

 

Ähnliche Übungen gibt es auch mit Karten. Es werden mehrere Karten aufgedeckt und man muss sich z. B. nur bestimmte Farben oder Zahlen merken und danach auf die entsprechenden Karten klicken.


Besonderheit: Darf ich mit MS Auto fahren?

Für viele eine seltsame Frage und die meisten Betroffenen - wie auch ich - würden erstmal ohne  zu zögern "Ja!" sagen, wenn man nicht gerade eine Sehnerventzündung hatte. Aber die Ärztin in meinem Rehazentrum hat mich dafür sensibilisiert, dass es tatsächlich auch Fälle gibt, wo einem die MS angekreidet werden kann. Beispielsweise bei einem Unfall. Ich möchte euch damit keine Angst machen, es gibt viele MSler, die so einen Test nicht gemacht haben und selbst, wenn ihr mal einen Unfall haben solltet, weiß euer Gegenüber ja noch lange nicht, dass ihr MS habt.

 

Nichtsdestotrotz macht es Sinn, sich nach einem Schub kostenlos testen zu lassen. Nach einem in vier Elemente aufgeteilten Test bekommt man dann eine entsprechende Bescheinigung, dass man bedenkenlos Autofahren kann. Da werden dann so Dinge wie Reflexe, Reaktionsvermögen und Konzentrationsvermögen getestet und mit dem Durchschnitt gesunder Menschen in der gleichen Altersklasse verglichen. Fand ich persönlich sehr spannend und hat sicher mal einen eigenen Blogbeitrag verdient.

Sozialberatung

Unter Sozialberatung konnte ich mir tatsächlich am wenigsten vorstellen. Diese war aber mit am hilfreichsten für mich. Eine Sozialberaterin unterstützte mich beim Ausfüllen meines Behindertenantrags und beim Planen einer stufenweise Wiedereingliederung.

 

Gerade die stufenweise Wiedereingliederung kann ich euch nur ans Herz legen, wenn ihr lange beruflich ausgefallen seid (mehrere Monate) und Angst vor dem Wiedereinstieg habt. Damit es nicht zu viel ist, kann man langsam wieder anfangen mit 2 oder 3 Stunden pro Tag und sich dann über einen individuell festlegbaren Zeitraum langsam hoch steigern

 

Ich hatte in Woche 1 angefangen mit 3 Stunden pro Tag, hatte mich in Woche 2 auf 4 Stunden pro Tag gesteigert, in Woche 3 dann auf 4 Stunden und habe dann ab Woche 4 wieder normal gearbeitet. Das fand ich wirklich angenehm.


Weitere Angebote

Natürlich gibt es noch einige weitere Angebote, wie ihr meiner Liste oben entnehmen könnt, aber das waren die für mich zentralsten. Ernährungsberatung habe ich aus Interesse freiwillig dazu gewählt, das wäre standardmäßig im ProVita in Augsburg nicht bei MS dabei gewesen. Und wovon ich ein riesengroßer Fan war, sind die Massageliegen mit Wasserstrahl. Das hat mich immer sehr entspannt. Leider gab's die nur mit Terminslot, man konnte also seine freie Zeit zwischen den Terminen nicht mal eben auf der Massageliege verbringen. Die wäre wahrscheinlich ohnehin voll gewesen ;)

 

Grenzwertig fand ich die Wärmetherapie, die man mir gelegentlich verschrieben hat. Hier hat man sehr warme schwere Kissen bekommen, die man an verschiedene Stellen des Körpers legen konnte, ganz egal ob Rücken, Beine oder Arme. Aber gerade nach dem Sport haben die mich gekillt (Stichwort Uhthoff-Phänomen), weshalb ich sie nur ganz selten und nie nach der MTT im Plan stehen hatte, auf meinen Wunsch hin.

Wollt ihr noch etwas zur Reha bei MS wissen?

Dann lasst mir gerne einen Kommentar da oder schreibt mir auf Instagram!

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